Ernest Hemingway hatte eine, Frida Kahlo auch, ebenso Jaques Derrida, Sidonie-Gabrielle Colette, Kurt Tucholsky, Hermann Hesse oder Doris Lessing: Sie alle besaßen Katzen. Ich jetzt auch, bzw. wir jetzt auch, denn „Tiger“ ist unser neues flauschiges Familienmitglied und Gott sei Dank: Er mag Literatur!
Ich wollte schon immer eine Katze haben. Dieses mystische, grazile Tier, um dessen Gunst man sich stets bemühen muss und um dessen Wesen zahlreiche Sagen kreisen, hatte es mir seit meiner Kindheit angetan. Ich fühlte mich schon in jungen Jahren als „Katzenflüsterin“, denn die meisten Katzen mögen mich, werfen sich nach kurzer Zeit auf den Rücken und ich darf ihnen den Bauch kraulen – auch gerne auf der Straße, so dass die Autos anhalten müssen. Ich schrieb das immer gerne meinem unglaublich sympathischen Charakter zu (ich pinsle mir mit dieser Zuschreibung gelegentlich selbst gerne den Bauch, wenn es sonst keiner tut!), zuletzt auch meiner Affinität zu Kunst und Kultur und war mir sicher: Katzen mögen das, die spüren das. Schließlich haben sich Katzen immer bei Philosophen, Schriftstellern und Künstlern wohlgefühlt. Nun bin ich zwar nicht Ernest Hemingway, aber ich lese ihn immerhin gerne! Und endlich, nach 37 Jahren, habe ich selbst eine Katze. Momentan liest sie mit mir nicht Hemingway, wohl aber Margaret Atwood (siehe Bild). Und eigentlich ist es keine sie, sondern ein er – ein hübscher etwa zweijähriger Kater, der clever, selbstbewusst, draufgängerisch (manchmal grenzt sein Verhalten an „suizidgefährdet“!) und dann wieder faul und lethargisch ist und melancholisch aus dem Fenster blickt.
Wie gesagt, eigentlich bin ich die Katzenflüsterin. Doch anders bei Tiger, der einst Jeremia hieß. Im Übrigen ist „Jeremia“ einer der großen Schriftpropheten des hebräischen Tanach und gilt als Verfasser der Klagelieder. Ich kann sagen: Klagelieder hat er voll drauf, wenn der Fressnapf leer ist oder er nach draußen will. Aber der religiöse Kontext war dann doch ein bisschen zu viel für uns bei der Namensgebung, auch wenn ich da gar nicht viel mitreden durfte, aber dazu gleich mehr. Jedenfalls ist Jeremia von irgendwo davongelaufen, ist ausgesetzt worden – wir wissen es nicht genau – und halb verhungert bei einer Katzenliebhaberin angekommen, wo er seine Klagelieder sang und die ihn (sie konnte gar nicht anders!) herzlich bei sich aufnahm und aufpäppelte. Das Problem: Die Katzenfreundin besaß schon sechs Katzen und Jeremia verstand sich nicht mit den anderen. Drum sollte er ins Tierheim.
Jeremia – die „Traumkatze“
Was parallel geschah: Ich lag meinem Lebenspartner seit geraumer Zeit mit meiner Faszination für Katzen in den Ohren. Ich hab ihm auch gesagt, dass mein Durchbruch als Schriftstellerin (gelegentlich schreibe ich schlechte Texte, die niemals verlegt werden) erst mit einer Katze im Haus funktionieren könne. Ich bin nicht sicher, ob letzteres Argument ausschlaggebend war, jedenfalls sah er ein, dass unser Zuhause mit Katze sinnvoller wäre. Allerdings wollte er auf jeden Fall eine Rassekatze, eine British Kurzhaar vom Züchter sollte es werden. Für mich war das okay, auch wenn ich lieber eine aus dem Tierheim geholt hätte. Doch dann passierte das Mystische, was eben nur Katzen können: Jeremia schlich sich in den Traum meines Lebenspartners! Uwe träumte eines nachts davon, dass wir eine Katze besäßen und schilderte mir am nächsten Tag, wie sie ausgesehen habe. Etwa eine Woche später schaute ich mal wieder auf die Homepage des Tierheims und da sah ich ihn: Ein Bild von Jeremia – in etwa so, wie Uwe seine „Traumkatze“ beschrieben hatte. Wir fuhren hin. Und was passierte? Jeremia kam zu uns, schlich vor allem Uwe um die Beine, sprang auf seinen Schoß und begann zu schnurren. Ich muss zugeben: Ein bisschen eifersüchtig war ich schon. War ich nicht die Katzenflüsterin und hätte dem Kater Kunst und Kultur geboten? Das war ihm wohl egal. Und war mein Lebenspartner etwa sympathischer als ich? Na ja, vielleicht ist er das tatsächlich. Jedenfalls: Jeremia eroberte sofort unsere Herzen – nicht nur im Traum, sondern auch in der Realität. Jetzt wohnt er bei uns, denn er hat uns adoptiert – Uwe mich und unsere drei (Stief-)Kinder. Wir alle lieben ihn. Und er heißt jetzt „Tiger“. Das haben die Kinder so beschlossen, wir hatten da nicht groß mitzureden. Schließlich sieht er fast so aus wie ein Tiger, dann muss er auch so heißen – das nennt man Kinderlogik. Ich hätte ihm gerne einen literarischen Namen gegeben. Daraus wurde nichts, aber immerhin liest er gerne!
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