Sie selbst schätzte, so schrieb sie spät in ihrem Leben an den Frauenmagazin-Herausgeber Friedrich Rochlitz, ihre „glückliche Verborgenheit“; sie sei ein „Schleier, der sie vor Lob und Tadel schütze“. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits über fünfzig Roman, Erzählungen und Märchensammlungen veröffentlicht; alle anonym, und die Öffentlichkeit hatte gerätselt, und Autoritäten hatten befunden, es müsse […]
Der „Eye-Catcher“. Abstraktion und Impressionismus in Potsdam
„Weißt du“, sagte die Dame hinter mir im kennerhaften Ton der Kunst-Erklärerin zu ihrer ehrfürchtig lauschenden Begleiterin, „das rote Segel dort, das ist ein Eye-Catcher. Das ist genauso wie bei Handtaschen. Oder Schals. Man braucht etwas, was…“ – aber ich hörte schon nicht mehr zu. Ich war bei dem Eye-Catcher hängengeblieben. Denn die Dame hatte […]
Das ganze Leben ist wirklich ein Spiel!
Zu Richard Powers Roman ‚Playground‘ Mit dem Spielen ist es eine ernste Sache. Das ganze Leben ist ein Spiel, so lautet ein bekannter Spruch; und sogar die Ergänzung Und wir sind nur die Kandidaten aus der Pop-Kultur hat eine ziemlich tiefe Weisheit. Und Schiller gar, als er einen seiner bekannten Sätze schrieb: „der Mensch spielt […]
Von Genien und Iunonen
Etwas, das traditionell auch nur Männer haben, ist übrigens ein Genius. Das ist ein Konzept, das auf seinem langen Weg von der „heidnischen“ Antike durch das Christentum hindurch bis in unsere (angeblich) vollsäkularisierten Zeiten ziemlich viele Schrammen bekommen hat. Heute fristet es ein eher kümmerliches Dasein als von gebildeten Bildungreisenden gelegentlich beschworener genius loci. Meinend, […]
Frauen haben Schönheit, Männer haben Charakter
Zur Ausstellung Carpaccio, Bellini und die Frührenaissance in Venedig in Stuttgart Frauen haben Schönheit, Männer haben Charakter. Dieser – sicherlich etwas fragwürdige – Satz sprang mich an, während ich in Stuttgart in der Neuen Nationalgalerie durch die Carpaccio-Ausstellung bummelte. Das Konzept gibt sich einige Mühe, um der Ausstellung einen kleinen gender-gerechten Dreh zu geben: Denn […]
Podcast über die Schriftstellerin Irmgard Keun
Irmgard Keun (1905-1982) gilt als eine große Humoristin in der Weimarer Republik. Im Nationalsozialismus werden ihre Werke verboten und nach dem Zweiten Weltkrieg kann sie literarisch nicht mehr an ihren Erfolg anschließen. Sie war lange Zeit in Vergessenheit geraten, bis die feministische Szene der 1970-erJahre sie wiederentdeckt. Zu ihren bekanntesten Werken zählt „Das kunstseidene Mädchen“.
Kometenbahnen und Anziehungskräfte: die Physik der Liebe
Zu Sarah Perrys Roman Enlightenment Natürlich muss man ein Buch mit dem vielversprechenden Titel Enlightenment kaufen – Aufklärung, die große heroische Epoche der europäischen Menschheit; Aufklärung, die Zentralmetapher des Denkens überhaupt, des Wissenswollen, der ewigen Neugier; Aufklärung, das wunderbare Gefühl des sich lichtenden Himmels, wenn die Sonne hervortritt! Der Roman mit diesem Titel aber – […]
Die „Friedens-Bertha“ und der „Kaufmann des Todes“
Auf den überlieferten Schwarz-Weiß-Fotos hat sie den etwas furchterregenden Blick der strengen professionellen Suffragette. Aber sie ist keine Vertreterin der frühen Emanzipationsbewegung, sondern eine der bekanntesten und erfolgreichsten Repräsentantinnen des frühen Pazifismus in Deutschland und in Österreich: Bertha von Suttner. Die „Friedens-Bertha“ wurde sie manchmal abschätzig genannt, aber es gibt schlimmere Spitznahmen. Ja, sie schaut […]
Die Drei Weisen aus dem Abendland
Eine post-apokalyptische Weihnachtsgeschichte Niemand wusste mehr, wie sie zu ihren Namen gekommen waren. Es war in der Zeit nach dem Großen Trauma, von dem niemand sprach. Es sprach auch niemand mehr von der Zeit vor dem Großen Trauma. Denn alle Geschichten begannen mit „Es war einmal“ – aber keiner wusste mehr, was vor dem Großen […]
Vom Treideln und anderen Zaubereien
Juli Zehs Poetik-Vorlesung Es ist, als ob man einem Zauberer dabei zuschaut, wie er seine Tricks erklärt. Es ist aber eine Zauberin, auch wenn das in diesem speziellen Fall ziemlich egal ist, denn der Effekt ist der gleiche: Man stellt ziemlich schnell fest, dass man es selbst trotzdem nicht hinkriegen würde; jedenfalls nicht ohne jahrelange […]