Fanny Lewald (1811-1889) hatte es geradezu mehrfach schwer als Autorin: Sie war nicht nur Frau, sondern auch Jüdin und als gehorsame Tochter dreifach emanzipationsbedürftig. Ihren Eltern zuliebe war sie zum Christentum konvertiert, in der Jugend schon, aber es wollte ihr einfach nicht eingehen: Zwar war sie gläubig, zutiefst sogar, überall sah sie Gottes Spuren auf […]
„Panenka“, oder: Fehlschüsse und Lebensklugheit
Dieser Beitrag kommt etwas spät zur Fußball-EM, aber immerhin, er kommt! Denn wenn man das Buch liest, von dem in der Folge die Rede ist, muss man zuerst wissen, was ein „Panenka“ ist. Mein Patensohn, der uns dieses Buch schenkte und selbst leidenschaftlicher Fußballspieler ist, schickte uns gleich einen hilfreichen YouTube-Link dazu (siehe unten); es […]
Ein verstoßener Heldenjüngling: Karoline von Günderode
Von Anfang an war sie ein verkappter Heldenjüngling aus den heroischen Zeiten der Menschheit gewesen, der nur irrtümlich in diese Welt der Missverständnisse und Kompromisse geraten war, einen Kerker für eine wahrhaft freie und poetische Seele; und ihr selbstgewählter Freitod nach kurzem Leben war ihre Befreiung zu einem wahren, anderen, längeren Leben. Aber beginnen […]
Bekannt, mysteriös und berührbar – zum Tod von Alice Munro
„Eine Frau braucht Geld und einen Raum für sich allein, wenn sie schreiben soll“ – so hat die englische Autorin Virginia Woolf im Jahr 1929 die Voraussetzungen dafür, dass Frauen in Zukunft als Schriftstellerinnen erfolgreich tätig sein können, auf den Punkt gebracht. Das Leben und Schreiben der kanadischen Autorin Alice Munro, die vor wenigen Jahren […]
Wenn kluge Frauen erzählen
Elly Griffiths, The Stranger Diaries Es war tatsächlich ein wenig spukig. Ich war aufgewacht und konnte nicht wieder einschlafen; ein guter Zeitpunkt, um endlich den spannenden Roman fertigzulesen, eine interessante Mischung aus Krimi und moderner gothic novel und wirklich sehr, sehr spannend: Elly Griffiths The Stranger Diaries. Um nicht allzu wach zu werden, ließ ich […]
Virginia Woolf und der Leuchtturm
Irgendwann würden sie zum Leuchtturm fahren. Er war gewöhnlich gut zu sehen von ihrem Haus an der Küste aus; außer es war Nebel, oder die Wellen schlugen so hoch ans Ufer, dass man gar nichts mehr erkennen konnte. Natürlich musste einer von den Eltern mitkommen, aber das würde sich doch einrichten lassen. Eines Tages würden […]
Altweiberfäden des Denkens
Olga Tokarczuk, Empusion Was wäre, wenn? – das ist nicht nur die Zauberformel von Literatur schlechthin, verstanden als eine alternative Geschichten-Schreibung, als ein Experiment mit dem menschlichen Fühlen und Denken innerhalb künstlerisch erschaffener Parallel-Welten. Es ist auch eine Zauberformel, mit der man die Literaturgeschichte – im Großen und Ganzen und über weite Strecken: eine ziemlich […]
Elefanten in Bloomsbury (von Rose Macaulay)
Eine Neujahrsfantasie Kann es wahr sein, oder träume ich? Kann es sein, dass ich, als ich in der tiefsten Totenstille der Nacht (falls die Nacht jemals tot ist) über den Tavistock Square fahre, auf der Straße vor mir eine Herde Elefanten erkenne? Groß, grau, seelenruhig, begleitet von einem Mann mit einem biegsamen Stock, meine ich, […]
Lese- und Lebenszeit
„Cox, oder: Der Lauf der Zeit“ Die Zeit: eine Klippe, an der noch jeder Denker gescheitert ist, und das obligatorische Augustinus-Zitat trifft diese frustrierende Erfahrung am besten, es geht so: Was ist also die Zeit? Wenn mich niemand darüber fragt, so weiß ich es; wenn ich es aber jemandem auf seine Frage erklären möchte, so […]
Weihnachtsgeschichten, französisch und irisch
Dann las ich, eher zufällig noch zwei weitere Weihnachtsgeschichte, wohlgewählte Geschenke von Freunden. Die eine war eine Maigret-Geschichte (Weihnachten bei den Maigrets, 1950), und eigentlich mag ich Maigret auch nicht so gern, er ist aber nicht so schlimm wie Pan Tau. Man soll ihn auch nicht mögen, man mag ja auch Ebenezer Scrooge nicht. Maigret […]