Niemand weiß, wie sie ausgesehen hat. Doch wenn man sucht, findet man viele Bilder von ihr. In ihren eigenen Büchern hat sie sich verewigt, nicht nur im Wort, sondern auch im Bild, und man erkennt sie sofort: Immer trägt sie ein schlichtes, aber leuchtend blaues langes Kleid und eine strahlend weiße Witwenhaube auf dem Kopf. […]
Unverwechselbar: Eine Frau pfeift sich ihr Lied
Zu Siri Hustvedts neuem Roman Damals Virginia Woolf ist unser aller Heldin. Sie ist unser Homer, unser Vergil, unser Goethe, unser Joyce, unser Proust. Sie ist, sagen wir es ruhig mit allem Mut zur drastischen und gelegentlich nötigen Vereinfachung: die erste schreibende Frau, die es wirklich geschafft hat. Und jeder Schreibende, vor allem aber: jede […]
Ideen-Wracks
Ein jedes Buch ist das Wrack einer perfekten Idee.
Iris Murdoch, Der schwarze Prinz
Samurai in München, oder: Tomoe Gozen, die es mit den Dämonen aufnahm
Samurai – Pracht des japanischen Rittertums, so heißt eine Ausstellung in der Kunsthalle München, die mit über hundert Exponaten aus der Sammlung des Ehepaares Ann und Gabriel Barbier-Müller die Kultur der traditionellen japanischen Kriegerkaste präsentiert. Und Pracht bekommt man zu sehen: Angesichts einer vollständigen Samurai-Rüstung aus kostbaren Stoffen und Leder, verziert mit goldenen Ornamenten und […]
Mykene in Karlsruhe, oder: Wo war Klytaimnestra?
Im Badischen Landesmuseum in Karlsruhe kann man noch bis zum 2.6. eine kompakte und solide gemachte Ausstellung zu Mykene anschauen. Mykene ist eine der frühesten Hochkulturen auf europäischem Boden (von ca. 3.500 v.Chr. bis ca. 1200 v.Chr.), über die auch die Forschung nicht allzu viel weiß. Brockenweise sind vielleicht noch ein paar Reste in das […]
Tapeten und Subtexte: Charlotte Perkins Gilman, ‚The Yellow Wallpaper‘
Es gibt einige wenige Texte von schreibenden Frauen, die man als Urtexte weiblichen Schreibens lesen kann: Vielleicht sogar ohne dass ihre Autorin das beabsichtigt hatte, fassen sie die Probleme und Chancen, die Leistungen und Defizite weiblichen Schreibens auf eine derart intensive Art zusammen, dass man meint, jedes einzelne Wort, jeder Satz sei schwer von symbolischem […]
Was ist ein „Frauenzimmer“?
Zuerst war ein „Frauenzimmer“ ein Zimmer, in dem Frauen sich aufhielten. Wo sollten sie sich auch sonst aufhalten? Schließlich waren ihnen weite Teile der Öffentlichkeit verschlossen, aber wenigstens hatten sie ihre eigenen Säle, wo es Frauendinge gab und man Frauentätigkeiten nachging und nicht darüber nachdachte, dass draußen ja auch noch eine Welt liegen könnte. Es […]
Paradiese
„Was haben Frauen nicht schon alles vollbracht, von der Einen, die das Paradies verscherzte, bis zu den Tausenden, welche Tausende von Paradiesen schufen! – Erkennen dies die Männer die neunzehnten Jahrhunderts? Staunen sie das Wunder an? Oh nein, sie meinen genug zu tun, wenn sie es auch einige Zeit lieben.“ Fanny Lewald
Marianne Ehrmann: Philosophie eines Weibes
Ihren Namen kennt keine Philosophiegeschichte. Und doch war sie die erste Frau, die es wagte, ein eigenes Werk mit dem Titel zu verstehen: Philosophie eines Weibes (‚Weib‘ war zu dieser Zeit keine Beleidigung, sondern einfach der Gattungsname des weiblichen Geschlechts). Sie hatte weder Philosophie studiert noch Latein oder Griechisch gelernt; eine Universität hat sie niemals […]
Sappho und der Sprung von Leukate
Ihre Gestalt ist zugleich statuen- und schemenhaft. Wir sehen sie, auf unzähligen Abbildungen, als griechische Frau mittleren Alters, einen strengen Kranz über dem idealisierten Antlitz, und sie bleibt ein Schemen. Allein ein Mosaik, es stammt aus einem Fresko in Pompeji, belebt die Züge etwas: Jünger ist sie hier dargestellt, farbig, ein wenig aufgeregt leuchten die roten Wangen, und – kann das sein? – sie kaut auf einem Schreibstift herum: Sappho, die Mutter aller Dichterinnen, die einzige Frau, die es je in einen literarischen Kanon geschafft hat (den der neun berühmtesten Lyriker des Altertums), aber auch die leicht skandalumwitterte Namensgeberin der lesbischen Liebe wurde, benannt nach Lesbos, ihrer Heimatinsel, wo sie ihren Mädchenkreis um sich herum versammelte und man gemeinsam – ja, was genau weiß man denn nun eigentlich?