Zu Siri Hustvedts neuem Roman Damals Virginia Woolf ist unser aller Heldin. Sie ist unser Homer, unser Vergil, unser Goethe, unser Joyce, unser Proust. Sie ist, sagen wir es ruhig mit allem Mut zur drastischen und gelegentlich nötigen Vereinfachung: die erste schreibende Frau, die es wirklich geschafft hat. Und jeder Schreibende, vor allem aber: jede […]
Elena Ferrante und die „Frauenliteratur“
Mein bester Freund meint, es sei „Frauenliteratur“. Mit „es“ meint er den ersten Band der vierbändigen Neapolitanischen Saga von Elena Ferrante mit dem Titel Meine geniale Freundin. Und tatsächlich schmückt ein Zitat einer Brigitte Woman-Rezension den Buchrücken: „Sie ist die wunderbarste Autorin, die man sich wünschen kann, ihre Bücher sind Träume, die in Erfüllung gegangen […]
Leidenschaft für Irène Némirovsky
Ihre Sprache fasziniert. Ihre Gedanken bewegen. Ihre Geschichte berührt. Sie ist meine persönliche Neuentdeckung und eine literarische Wiederentdeckung zugleich: Irène Némirovsky (1903-1942). Die einst in Paris lebende ukrainisch-jüdische Schriftstellerin Irène Némirovsky ist bereits vor über 70 Jahren gestorben. Und zwar auf tragische Weise: Obwohl sie noch zum Christentum konvertierte und ihre Romane in den 1930er Jahren in Frankreich gefeiert wurden, verwehrten ihr die Franzosen die französische Staatsbürgerschaft. Nach Einmarsch der Deutschen […]
Über Bienen und einen Bestseller
Öko-Mainstream oder grüne Literaturavantgarde? Das ist hier die Frage. Fest steht: Der norwegischen Schriftstellerin Maja Lunde, die sich bislang mit Kinder- und Jugendbüchern einen Namen machte, ist mit ihrem Debütroman über das Bienensterben ein Bestseller geglückt. In über 30 Länder wurde Die Geschichte der Bienen verkauft und erhielt in Norwegen als meistverkauftes Buch den Titel […]
Tapeten und Subtexte: Charlotte Perkins Gilman, ‚The Yellow Wallpaper‘
Es gibt einige wenige Texte von schreibenden Frauen, die man als Urtexte weiblichen Schreibens lesen kann: Vielleicht sogar ohne dass ihre Autorin das beabsichtigt hatte, fassen sie die Probleme und Chancen, die Leistungen und Defizite weiblichen Schreibens auf eine derart intensive Art zusammen, dass man meint, jedes einzelne Wort, jeder Satz sei schwer von symbolischem […]
Schattengrübler*innen
Dörte Hansen: Mittagsstunde (2018) „Keine Schönheit weit und breit. Nur nacktes Land, es sah verwüstet und geschunden aus.“ Dieses nackte Land, in dem die Einfachheit als Lebenseinstellung gepriesen wird, trägt einen Namen: Es heißt Brinkebüll. Brinkebüll – es klingt nach ländlicher Idylle, denn es erinnert an Astrid Lindgrens Kinder von Büllerbü. In Dörte Hansens Roman […]
Sophie von La Roche: Deutschlands erste Bestsellerautorin
Sie war Deutschlands erste Bestsellerautorin und eine Entrepreneurin auf dem deutschen Literaturmarkt. Mit ihrem Debütroman Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim (1771) schuf sie eine Protagonistin, die der intellektuellen Elite des 18. Jahrhunderts zum weiblichen Ideal werden sollte. Sie war die erste deutsche Herausgeberin einer Frauenzeitschrift – Pomona für Teutschlands Töchter. Mit dieser Zeitschrift sorgte […]
Sappho und der Sprung von Leukate
Ihre Gestalt ist zugleich statuen- und schemenhaft. Wir sehen sie, auf unzähligen Abbildungen, als griechische Frau mittleren Alters, einen strengen Kranz über dem idealisierten Antlitz, und sie bleibt ein Schemen. Allein ein Mosaik, es stammt aus einem Fresko in Pompeji, belebt die Züge etwas: Jünger ist sie hier dargestellt, farbig, ein wenig aufgeregt leuchten die roten Wangen, und – kann das sein? – sie kaut auf einem Schreibstift herum: Sappho, die Mutter aller Dichterinnen, die einzige Frau, die es je in einen literarischen Kanon geschafft hat (den der neun berühmtesten Lyriker des Altertums), aber auch die leicht skandalumwitterte Namensgeberin der lesbischen Liebe wurde, benannt nach Lesbos, ihrer Heimatinsel, wo sie ihren Mädchenkreis um sich herum versammelte und man gemeinsam – ja, was genau weiß man denn nun eigentlich?